Kanada Wohnmobilreise

Kanada Wohnmobilreise

Anreise

Die erste Reise über den großen Teich und unser Ziel war die Ostküste von Kanada. Doch, um dort hinzukommen, legte uns unsere Fluggesellschaft ein paar Steine in den Weg. Schon im Vorfeld wurde unser Flug von Berlin gecancelt und wir mussten auf den Flughafen Frankfurt ausweichen, wodurch unsere Reise mit einer ICE-Fahrt von Berlin nach Frankfurt begann. Beim Boarding lief alles reibungslos und wir hoben ab, nach London, wo wir in den Flieger nach Toronto umsteigen sollten. Sollten… Mit viel Verspätung erreichten wir das Terminal und verpassten unseren Anschluss um wenige Minuten. So standen wir dann da, mit hunderten gestrandeten Menschen, die ihre Anschlussflüge verpasst hatten. So liefen wir von Schlange zu Schlange, von Schalter zu Schalter und nirgends konnte uns geholfen werden. Da in der Nacht eh nichts zu retten war, beschlossen wir, uns ein Hotelzimmer in der Nähe zu suchen und am nächsten Tag, in aller Früh, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um nach Toronto zu kommen. Am nächsten Tag fuhren wir dann 3 Gleisig, um an unser Ziel zu kommen. Einer telefonierte sich das Ohr mit der Hotline der Fluggesellschaft wund, einer telefonierte wie ein Weltmeister mit unserem Reiseveranstalter und in Rotation standen wir am Flughafen Schlange. Uns war alles egal, denn wir wollten weiter kommen. Und unsere Hartnäckigkeit zahlte sich aus und unsere Reiseveranstalter konnten uns einen Anschlussflug organisieren. Der Urlaub war gerettet und wir können los…. Nicht so ganz. Unser Anschlussflug startete nämlich nicht in London, sondern in München, am nächsten Tag. *wtf* Daraus wurden spannende 24 Stunden und wir machten das Beste draus. Und am Flughafen herumhängen, war nicht das, worauf wir Lust hatten. Also gaben wir schonmal unser Gepäck auf und fuhren in Londons Innenstadt und machten etwas Sightseeing (im Schnelldurchlauf).

Am Abend ging es dann mit dem Flugzeug wieder zurück nach Deutschland, wo wir die halbe Nacht, in der „pulsierenden“ Metropole Stuttgart verbringen durften, da unser ICE erst ca. halb 4 nach München fuhr. Da es ein Samstag war, waren wir sehr zuversichtlich, dass wir die Nacht gut rumkriegen dürften, bis wir feststellten, dass um 23 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden. Dank eines Insidertipps fanden wir dann noch eine Bar, die uns für ein paar Stunden beherbergte und am Ende mussten wir nur eine Stunde am S21 abhängen. *Absolut tote Hose*
Mit Aufgehen der Sonne fuhren wir nach München ein und checkten für den Flug nach Toronto ein und zählten die Minuten, bis wir endlich vom Boden in Richtung Toronto abheben durften. Funfact: Durch das ganze Umbuchen waren keine Plätze in der Holzklasse mehr frei und wir erhielten Business Premium Plätze. *richtig gut* 😎
Vom Flug habe ich dann nicht mehr viel mitbekommen, da ich fast durchgängig geschlafen habe. 😅

Toronto

Mit 1,5 Tagen Verspätung sind wir doch tatsächlich in Kanada angekommen. Zwischenzeitlich hatten wir nicht damit gerechnet und waren mehr als glücklich angekommen zu sein. Leider fiel uns durch die Verspätung auch über ein Tag für die Besichtigung von Toronto weg und wir mussten das Sightseeing Programm stark straffen, da unser Termin, das Wohnmobil abzuholen, fest und nicht aufschiebbar war. Doch für diesen Tag hieß es nur noch, im Hotel einchecken, was zum Abend mampfen, eine kleine Runde spazieren, Stadt(teil) angucken gehen und dann ab ins Bett, Batterien wieder aufladen.

Neuer Tag, neues Glück und mit neuer Energie wollten wir in den Tag starten. Doch es kam ganz anders und ich hatte mir auf dem Flug richtig was eingefangen. Die Nase lief, der Hals kratzte und ich hatte Fieber. Großes Abenteuer, in Zeiten von Corona und auf Urlaub in einem fremden Land. Für die nächsten Tage war mein Lieblingsgetränk „Lemon Ginger Herbal Tea“, der übrigens richtig gut war, den ich mir im Supermarkt vorm Hotel geholt hatte.
Leider konnte ich dadurch nicht so viel von Toronto wahr nehmen, wie ich gewollt hatte und kann gar nicht so viel über diese Stadt berichten. Anfängliche Aufregung, Kulturschock und Krankheit können das Gehirn schon ganz schön vernebeln. Aber ich versuche es …

Toronto war für mich die Stadt der Gegensätze. Altes (abgefucktes) stand neben Neuem und (absolute) Armut bewegt sich neben Wohlhabendem. Diese Stadt besitzt fantastische alte Gebäude, die sie einfach verfallen lassen und dem gegenüber stehen die modernsten Hochhäuser. Wo wir Deutsche uns gerne Vergangenes bewahren, lassen sie es in Toronto verkommen. Und auf der Straße wandeln Junkies, wie ich sie nur aus Filmen und Reportagen kenne. Am Straßenrand wurde sich der nächste Schuss gesetzt, während alle vorbeilaufen. Und an der nächsten Kreuzung kam auch schon der nächste Bettler, dem irgendwelche Teile vom Gesicht fehlten, was nicht erkennbar war, weil das ganze Gesicht vor lauter Blut tropfte. Bilder, die ich noch nicht mal in Berlin gesehen habe, wo es leider auch viel Elend gibt.

Natürlich standen auch die Niagarafälle auf unserem „Touriprogramm“, die gleich in der „Nähe“ von Toronto waren. Entfernungen haben hier eine andere Dimension, wie wir noch lernen mussten. Was auf der Landkarte kurz aussieht, ist es das meistens nicht. Zurück zum Wasserfall. Ich weiß nicht, ob ich im Fieberwahn völlig benebelt war, aber den Hype um die Niagarafälle konnte ich nicht nachvollziehen. Ja, es war ohne Frage ein imposantes Naturschauspiel. Aber ist eine derartige touristische Ausbeute gerechtfertigt? Am Ende muss das jeder für sich selbst entscheiden, doch für mich war es das nicht. Dann doch lieber der kleine einsame Wasserfall im Wald, mit weniger Menschen und ohne Attraktionen.

Und damit endete auch schon der Besuch von Toronto und wir mussten wieder unsere Taschen packen, um in unsere fahrende Unterkunft zu wechseln. Dabei lernten wir wieder, was hier in Nordamerika Entfernungen bedeuten. Für uns war das Vermietungsbüro für unseren Camper gleich am Stadtrand. Nur war der Stadtrand so weit draußen, dass es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln eine halbe Tagesreise gewesen wäre, sofern wir es geschafft hätten, die richtigen Fahrscheine zu kaufen. Zum Glück gibt es Uber und nach einer Stunde Autofahrt und einem netten Gespräch mit unserem Uberfahrer, waren wir am Ziel.

Unser fahrendes Zuhause

Für die Erkundung eines Bruchteils von Ostkanada mieteten wir den Ford C30 Large Motorhome, welcher für den nächsten Tage unser Zuhause sein sollte. Das ist definitiv das größte Gefährt, das ich je gefahren bin und in Deutschland mit meinem Führerschein höchstwahrscheinlich nicht fahren dürfte.

Der Ford C30 ist für 7 Personen zugelassen und sollte somit, für uns 4, mehr als ausreichend sein. Das Pärchen bekam das Schlafzimmer, einer das Klappbett und ich die Alkoven. Bisher hörte ich nur Negatives über Alkoven, doch irgendwie habe ich sie gemocht, meine kleine Schlafhöhle. 😌 Auf beiden Seiten hatte ich ein Fenster, zum Durchlüften, wenn es zu warm wurde, oder einfach nur zum Herausschauen. Nur beim nächtlichen Toilettengang musste man etwas aufpassen, um nicht abzustürzen oder auf jemanden zu stürzen. Doch dies ist nicht einmal passiert.

Dies ist ein Reisebericht und keine Autovorstellung. Lasst uns losfahren. 🚗💨

Bevor es aber so richtig losging, mussten wir uns noch für die ersten Tage eindecken und steuerten den nächsten Walmart an. Doch, was braucht man alles, wenn man in einem Wohnmobil lebt? Worauf müssen wir achten? Also kauften wir, was wir für die nächsten Tage zum Überleben brauchten und was wir für richtig hielten. Das Klopapier war dabei die größte Herausforderung. Es muss sich zersetzend sein und dafür benötigt es noch einen Zusatz für den Abwassertank. 🤪 Beides hatten wir besorgt und beschlossen, dass wir in unserem Klo nie groß machen. 😅

Da wir am ersten Tag, nachdem wir mit dem Einkaufen fertig waren, nicht mehr weit fahren wollten und konnten, hatten wir von Deutschland aus uns schon einen Platz auf Heidi’s Campground reserviert. Dieser Name klang uns vertraut und für die erste Nacht, im fahrenden Heim, passend. Check-in, Einparken, Frischwasser und Abwasser anschließen hatten wir erfolgreich gemeistert, wie kleine Profis. 😎

Sutton Bay

Am nächsten Morgen ging es dann für 400 Km nach Norden, in den Sutton Bay Park, wo wir für 2 Nächte bleiben wollten, um uns erstmal mit unserem Camperleben vertraut zu machen und die Gegend zu erkunden, anstatt nur auf elendig langen Straßen, durch sie hindurchzufahren. Auf dem Campground wurden wir überfreundlich empfangen und hatten den besten Stellplatz des gesamten Campgrounds bekommen. Am Wochenende sollte das größte Festival des Jahres stattfinden und er hätte uns am liebsten da behalten, sagte er. 😉

Und der beste Platz war echt klasse. Wir standen direkt am Wasser, an diesem riesigen See und waren einfach nur glücklich. Und am nächsten Morgen hatte ich von meinem kleinen Alkoven Fenster einen wunderbaren Ausblick. Also ich mag es und kann nicht verstehen, warum es andere nicht mögen. Ja gut, sitzen ist ein wenig schwierig. Aber wer schläft denn bitteschön im Sitzen? Doch dann hieß es aufstehen und Frühstücken. Denn wir wollten an dem Tag nach Cobalt, was aber nur lächerliche 40 Km entfernt war.

Cobalt

Cobalt ist eine kleine Stadt im Bundesstaat Ontario, gibt es, mit seinen heute ~1000 Einwohnenden, seit dem frühen 19. Jahrhundert (Wikipedia). Wie man an dem Namen erkennen kann, wurde die Stadt aufgrund des Erzabbaus gegründet. Auch in Kanada wütete damals der Gold- und Silberrausch, wie auch hier. Und so wurde hier Silber abgebaut und ans Tageslicht befördert. Und anhand des, im Silber-Erz enthaltenen Cobalts, wurde die Stadt Cobalt genannt.

Überirdisch waren viele Anlagen und Geräte aus der Zeit des Silber-Erz Abbau noch erhalten und ausgestellt. Und während wir den Ort erkundigten, fanden wir auch heraus, dass es auch eine geführte Minenbesichtigung gab. Diese konnte im Zentrum, gegenüber der ganzen ausgestellten Bergbaumaschinen gebucht werden, was wir auch taten. Und dann wurde es interessant. Wir dachten, die Tour geht auf der anderen Straßenseite beim Förderturm los und waren die einzigen ohne Auto. 😂 Da haben wir alle ziemlich blöd geguckt. Unsere beiden Gruppenführer machten in ihrem Auto „Platz“ und nahmen uns in ihrem Auto mit. In dem Auto wurde aber anscheinend noch nie jemand mitgenommen. Auch wir beinahe nicht, weil es nicht anspringen wollte. Was ein Abenteuer. Nach gefühlt 15 Minuten Fahrt und engen und steilen Wegen, haben wir auch mitbekommen, dass wir mit unserem Camper da gar nicht lang gekommen wären. Aber ja, wir sind in einem Land, in dem das Auto zur rudimentären Fortbewegung dazu gehört. Hier macht man nichts zu Fuß, wenn man auch fahren kann.

Und so kamen wir doch noch unter die Erde und konnten sehen, wie auf dem nordamerikanischen Kontinent ursprünglich Tunnel in den Fels gehauen wurden, um die Bodenschätze zu gewinnen. Dank meines Reisebegleiters hatten wir auch eine gute Ausleuchtung des Tunnels und dem, was uns die Gruppenführer zeigen wollten, denn die dezente Beleuchtung war sehr dezent und die Taschenlampe des Vortragenden glich einer Kerze. Er wirkte eh, wie so ein armer Dauerstudent, der mit diesem Job sein BAföG etwas aufbessern will. Doch ich glaube, er war kein Student und in Kanada gibt es kein BAföG. Trotzdem war es eine interessante Tour und wir wurden auch wieder heile zurück an unseren Ausgangspunkt gebracht. Also eigentlich sogar noch besser. Da es wie aus Eimern geschüttet hatte, haben sie uns bis zu unserem Camper gebracht. Wieder zeigt sich die Freundlichkeit der Kanadier.

Am Nachmittag fuhren wir noch nach New Liskeard, was auf halbem Weg zurück zum Campground lag, wo wir noch entspannt die Uferpromenade entlang liefen und uns Sportanlagen, Kunstwerke, Veranstaltungsplätze und die schöne Aussicht anschauten.

Line Dance

Zurück auf dem Campground wurde erstmal feinstens gefuttert und sich etwas ausgeruht. Wie bei jedem Festival, sind an den Tagen davor, die Hardcore Fans schon am Start und lassen die Sau raus. Und so gab es jeden Abend im Party Pavillon Line Dance Action und ich habe einen kleinen Ausschnitt aufgenommen.

Ja, das ist nicht so mein Ding und fand es gar nicht so schade, dass wir das Festival verpassten.

Indianergebiet

Auf unserem Weg, weiter nach Norden, hatten wir das englischsprachige Ontario verlassen und sind im französischsprachigen Quebec angekommen. Und wie wir es auch aus Frankreich kennen, ist alles, aber wirklich alles, nur noch auf Französisch. Doch, auf dem Gebiet der Cree (Wikipedia) gibt es, obwohl wir mitten in Quebec sind, kein französisch. Ab hier ist alles wieder zweisprachig und es wird in Cree oder Englisch gesprochen und geschrieben. Die Cree selbst sprechen Plains Cree (Nēhiyawēwin), was ᓀᐦᐃᔭᐍᐏᐣ geschrieben wird. Mir gefällt die Schrift, da man das Gefühlt hat, innerhalb eines Wortes, viele Emojis zu sehen. 🤡

Durch Zufall besuchten wir Oujé-Bougoumou, was das neue Zentrum der Cree an der Ostküste Kanadas ist und weiter ausgebaut wird. Auf dem Foto ist das neue Haupthaus im Zentrum des Ortes zu sehen, mit diversen Verwaltungs-, Kultur- und Bildungseinrichtungen drumherum. Im ortsansässigen Hotel wollten wir zu Mittag essen, wofür wir mehr Zeit und Geduld aufbringen mussten, als wir zunächst annahmen. Die Küche, bzw. der Koch, war gnadenlos mit der Arbeit überfordert, denn seine Angestellten hatten schon Feierabend gemacht. An dem Tag gab es noch ein Stammesfest mit Konzerten, wo keiner der letzte sein wollte, außer der Koch, der noch versuchte, zu retten, was zu retten ist. Auch mal eine schöne Arbeitseinstellung. Aber alles in allen war es eine typische nordamerikanische Siedlung, mit sonst ganz normalen Häusern. Tipis oder Wigwams hat man vergeblich gesucht. Auch die Indigenen sind im 21. Jahrhundert angekommen.

Sankt-Lorenz-Strom

Mit der Ankunft am Sankt-Lorenz-Strom endeten die Fahrten, durch die Weiten der Natur und den endlosen Straßen, die nie am Horizont enden wollten. Ab diesem Zeitpunkt bewegten wir uns im bevölkerungsreichsten Gebiet Kanadas und fuhren den Sankt-Lorenz-Strom flussaufwärts bis zu unserem Ausgangspunkt Toronto zurück.

Tadoussac

Als erstes begrüßte uns das kleine und hübsche Hafenstädtchen Tadoussac, wo wir einen wirklich sehr schönen und liebevollen Campground hatten. Hier wurde viel Liebe in Details und Deko gesteckt, es war ein ruhiges und freundlichen Ambiente auf dem Platz und dort gab es die besten Sanitäranlagen der ganzen Reise. 😅

Und wir konnten endlich unseren ersten kanadischen Elch sehen. Aber Vorsicht, diese Tiere sind keine Kuscheltiere, wie dem Warnschild zu entnehmen ist.

Tadoussac ist ein Ort mit langer Geschichte. 1535 kamen die Franzosen auf einer ihrer vielen Expeditionen in die neue Welt hier an und trafen auf den indigenen Stamm der Montagnais, welche hier Robbenfang betrieben. Die Franzosen begannen mit den Montagnais Handel zu treiben, errichteten einen dauerhaften Handelsposten und gründeten 1599 schließlich den Ort Tadoussac. Dieser Ort war auch ein bedeutender Ausgangspunkt des Walfangs und stetem Handel mit den Indigenen. Im Gegensatz zu den Indigenen auf dem heutigen amerikanischen Staatsgebiet, erging es den Indigenen auf dem heutigen kanadischen Staatsgebiet wesentlich besser. Hier wurde mehr miteinander gelebt und Handel getrieben. So bildete sich ein großes indigenes Netzwerk, zwischen den Stämmen, um alle möglichen Waren, mit den Franzosen zu handeln. Letztendlich lief es für die indigenen, nach hinten raus immer weniger fair ab, wodurch sie auch viele Nachteile erlitten und dem Europäer „unterlegen“ waren. Der Höhepunkt war dann in den katholischen Umerziehungslagern im 20. Jahrhundert.

Am Ufer der Bucht stehen heute noch viele schöne Holzhäuser, die an alte Zeiten erinnern lassen.

Findige Augen haben bestimmt bemerkt, dass unser Campground „Domain des Dunes“ heißt. Ja, da gibt es wirklich Dünen und da sind wir dann auch noch hingefahren. Also ich habe da nur einen großen, hochgezogenen Strand erkannt, der wie die Halbglatze auf einem Kopf wirkte. Dennoch war es ein schönes Fleckchen Erde, das zum Spazieren gehen einlud.

Quebec

Fast, wie zu Hause. Spätestens jetzt verschwindet das Gefühl, auf dem nordamerikanischen Kontinent zu sein und es fühlte sich an, als wäre man in einem kleinen französischen Städtchen an der Küste. Nur die Autos sind hier etwas größer. Und, ich muss zugeben, dass es eine wirklich sehr hübsche Stadt ist, die zum Spazieren und Verweilen einlädt. Im Gegensatz zu anderen Städten gibt es hier viele Cafés und Restaurants mit Terrassen, um eine Pause einzulegen und sich zu stärken.

So gönnten wir uns bei den drei Brassuers eine kleine Stärkung, inklusiver kleiner Bierverkostung. Einfach mal, nur genießen und gönnen. Was ein schönes Gefühl.

Und ganz verrückt wurde es, als wir Weihnachten gefunden hatten. In einem Geschäft namens „La Boutique de Noël de Québec„, gibt es das ganze Jahr über Weihnachtsschmuck, Beleuchtung, Christbaumspitzen und vieles mehr. Bei den Farben und dem Lichterglanz fühlte ich kurz den Moment aus Kevin allein zu Hause, als er in dem weihnachtlich geschmückten Einkaufszentrum war.

Montreal

Wandbild in Montreal

Für diese Stadt, auf unserer Reise, haben wir uns zwei volle Tage Zeit genommen, um so viel, wie möglich, zu sehen und an Eindrücken mitzunehmen. Montreal ist eine aufgeschlossene, moderne, bunte und lebensfreudige Stadt und zeigt es an fast jeder Ecke. Eine Großstadt, in der man sich wohlfühlen kann.

Da Montreal, wie alle anderen Städte, kaum Platz für Autos hat, stellten wir unseren Camper außerhalb ab und fuhren, mit der Linie 4, welche nur aus drei Stationen besteht, in kürzester Zeit ins Zentrum.

Die Metro Montreal fährt, anders als bei uns, mit gummibereiften Rädern, was zwei Gründe hat. Zum einen sind mit metallbereiften Rädern, die Steigungen nicht zu schaffen, wie es zum Beispiel bei unserer Linie 4 der Fall war, die unter dem Sankt-Lorenz-Strom durch führt und zum anderen, soll es die Verbundenheit zu Paris verdeutlichen, da die Pariser U-Bahn wohl auch auf Gummireifen fährt.

In Montreal hat aber, im Vergleich zu den anderen Städten, in denen wir bisher waren, Fahrradfahren einen höheren Stellenwert und an viel Orten ist es möglich, sich ein Fahrrad auszuleihen, wie es bei uns mit Nextbike und so weiter möglich ist. So entschlossen wir uns, einen Tag mit Fahrrad, über den Sankt-Lorenz-Strom, in die Innenstadt zu fahren.

So bekamen wir nochmal einen ganz anderen Eindruck von der Stadt und fanden Orte, die uns mit der Metro vorenthalten gewesen wären. So fuhren wir einen Teil der Strecke auf dem Circuit Gilles-Villeneuve, was eine temporäre Motorsport-Rennstrecke auf der Île Notre-Dam ist, über die Concorde Brücken, auf die andere Seite des Flusses, wo wir den Wohnhauskomplex Habitat 67 entdeckten. Diese interessante Konstellation von Wohnraum wurde im Rahmen der Expo 1967 gebaut und ist auf jeden Fall heute noch ein Hingucker. Und über ein gut ausgebautes Radwegenetz erreichten wir dann auch zügig die Innenstadt.

Diese Stadt ist sehr vielseitig und schön. Es gibt viele Parkbereiche, in denen man sich entspannen kann und überdachte Einkaufsstraßen, auf denen man bei jedem Wetter entlang schlendern kann. Nebenbei entdeckten wir die typisch amerikanischen Seitenstraßen, wie wir sie aus Spielen wie GTA und Filmen wie Starsky und Hutch kennen, nur ohne die Action. Eine weitere Besonderheit an Montreal ist, dass es ein unterirdisches Netzwerk an Fußgängertunnel gibt, was einen großen Teil der Blocks und Gebäude der Innenstadt verbindet. Das 32 Km lange Netzwerk wird Réso genannt und auch als Untergrundstadt angesehen. So lässt sich die Stadt durchqueren, ohne hinausgehen zu müssen, was im kanadischen Winter sehr praktisch sein muss. So gibt es Blocks, in denen man gefühlt drinnen und draußen zugleich ist, wie wir es von manchen Einkaufzentren gewöhnt sind, dennoch etwas anders.

Papineauville

Auf der Reise zur nächsten Destination, gab es einen Übernachtungsstopp in Papineauville, was nicht erwähnenswert wäre, wenn der Stellplatz nicht so anders gewesen wäre, wie es bisher auf der Reise typisch war. Denn wir übernachteten diesmal kostenfrei hinter einem MC Donalds, was jetzt nicht der schönste Spot war, aber doch so einiges interessantes zu bieten hatte. So erlebten wir, wie sich in der Nacht die örtliche „Tunningszene“ traf und sich früh morgens, ab 8 Uhr eine Schlange am Drive-in bildete, um sich Kaffee und Frühstück zu holen, während wir uns entspannt an unseren Frühstückstisch setzten. Doch als wir losfuhren, stellten wir fest, dass die Schlange bei Tim Hortons 2-3 Mal so lang war. 😂

Parc national de Plaisance

Um die Tour abzurunden, stand auch ein Nationalpark auf unserer Liste. Dazu suchten wir uns einen zwischen Montral und Ottawa heraus, der auf ungefähr der Hälfte der Strecke lag. Der Parc national de Plaisance liegt am Ottawa Fluss, welcher die Grenze zwischen den Bundesstaaten Quebec und Ontario bildet und weiter flussabwärts im Sankt-Lorenz-Strom mündet.

Natürlich mussten wir, wenn wir schonmal in Kanada sind, mindestens einmal mit einem Kanadier aufs Wasser gehen. Und wie es der Zufall wollte, gab es in dem Nationalpark einen Verleih. Es stellte sich doch recht schnell raus, dass Kanadier fahren etwas schwerer ist, als mit einem Kajak. Man sitzt doch deutlich höher, wodurch das Boot schneller anfängt zu wackeln und mit den Stechpaddeln war es nicht einfach, eine geradeaus zu fahren. Schöne Erfahrung, hat Spaß gemacht, muss aber nicht wiederholt werden.

Daher griffen wir auf altbekanntes zurück und liehen uns Fahrräder aus und machten damit eine kleine Tour. Zur Auswahl standen die schönsten Retrobikes aus den 90er Jahren. 😂

Als Ziel hatten wir uns einen Aussichtsturm im Naturschutzgebiet herausgesucht, was zunächst verlockend klang. Am „Turm“ angekommen machte sich jedoch Ernüchterung breit und wir nahmen es mit einem lächeln. Dennoch war es eine schöne Radtour, durch schöne Landschaft und erkenntnisreich, was die Verkehrsregeln angehet. Denn, in Kanada wird immer geklingelt, wenn man andere Radfahrende überholen will. Da ich davon nichts wusste, stieß ich beinahe mit einer anderen Radfahrerin zusammen.

Ottawa

Mit Ottawa waren wir fast am Ende der Reise angekommen, was aber ein echt schönes Finale werden sollte. Ottawa ist die Hauptstadt des zweisprachigen Landes Kanada, welche durch den Ottawa River getrennt wird. So ist die eine Hälfte der Stadt im französischsprachigem Staat Quebec und die andere Hälfte im englischsprachigem Staat Ontario. Einst wurde beschlossen, dass ganz Kanada zweisprachig ist und alle Schilder, Informationstafeln und so weiter in Französisch und Englisch beschriftet werden sollen. Wie gut dies (nicht) eingehalten wird, lässt sich in Ottawa sehr gut erkennen, da sich auf der Ontarioseite dran gehalten wird, aber auf der französischen Quebecseite nicht. Da spürt man förmlich diese französische Kultur, um die französische Sprache.

Doch kommen wir zunächst zu der Geschichte, wie ich ein neues Wort nach Kanada brachte. Im Folgenden ist ein sehr leckerer Burger samt Beilage zu sehen, welchen ich mir im Chateau Lafayette bestellt httbe, was aber nicht gaaanz so einfach war. „I get a cheeseburger with pommes.“ *fragender Blick* Ich wiederhole: „Cheeseburger with pommes“. *Sein Blick ändert sich nicht* Auch bei der dritten Wiederholung wurde es nicht klarer. Bis meinen Begleitern auffiel, dass das Wort „Pommes“ in diesem Teil der Erde vlt. nicht ganz gebräuchlich ist und für diese irritation sorgen dürfte. Da war das Gelächter groß und der Wirt lernte das Wort „Pommes“ für „french fries“ kennen. Ob er die Geschichte heute seinen Gästen erzählt? Ich glaube nicht.
Auf jeden Fall war es ein sehr leckerer Cheeseburger mit Pommes. 😉

Bei dem ganzen Essen ist es wichtig sich entsprechend zu bewegen und die ganzen zu sich genommenen Kalorien wieder zu verbrennen, bevor man anfängt zu kullern. Als einer der ersten Bauwerke stach uns, bei unserer ersten Stadtbesichtigung eine der vielen Schleusen des Rideau Canals in die Augen. Dieser 202 km lange Kanal verbindet den Ontariosee mit dem Ottaea River über 47 Schleusen. Und die Schleuse im Herzen der Stadt verfügt über insgesamt 8 Becken. Da sollte man Zeit und Geduld mitbringen, wenn man da durch will.
Auf der anderen Straßenseite stehen die Famous Five, welche eine Art Symbol der Gleichberechtigung von Frauen darstellen soll, was aber laut Wikipedia, wohl eher die Frauen, an sich umstritten sein soll. Aber es sieht cool aus und macht sich gut im Stadtbild, wodurch es ein Foto wert war.
Gegenüberliegend, am Ufer des Ottawa River reihten sich dann das Parlament mit dem Ost und West Block ein, gefolgt vom Supreme Court. Entlang der Wellington Street fiel die St. Andrew’s Presbyterian Church auf, an dessen Fassade eine LGBT Fahne wehte, was ich vorher noch nie an einer Kirche gesehen hatte.

Ein typischer kanadischer Leckerbissen sind auch die sogenannten Beaver Tails (Biberschwänze), welche es in den unterschiedlichsten Variationen gibt und mega lecker sind. Auf jeden Fall ein Muss für jeden Kanada Besucher. Ähnlich einem Trdelník ist man dann für die nächsten Stunden gesättigt.

Auch Ottawa verfügt über ein sehr gut ausgebautes Radwegenetz und so entschieden wir uns, wieder Fahrräder auszuleihen, um rollend die Stadt zu erkunden. Dabei fanden wir einen erstaunlich guten und günstigen Fahrradverleih, bei dem ich mir ein nahezu neuwertiges Gravelbike ausleihen konnte.

Kein olles Citybike oder Fahrrad aus den 90ern, sondern eine Rakete bekam ich, was den Spaßfaktor deutlich anhob. So ist es kaum verwunderlich, dass wir eine Tour von 71 km zurücklegten.

Und so fuhren wir kreuz und quer durch Ottawa, ein Stück entlang des Rideau Canal, bis zu einer Schleuse am Hog’s Back Dam, an der der Kanal in den Rideau River übergeht, und sind dann entlang des Rideau Rivers zurück zum Ottawa River, wo der Rideau River in den Ottawa River stürzt. Im Folgenden fuhren wir entlang der Parlamentsgebäude und wechselten auf die Quebecer Seite, die aber eher langweilig und ausgestorben wirkte, was uns nach einer kurzen Runde dazu brachte wieder das Ufer zu wechseln. So fuhren wir durch Centraltown, Little Italy und Chinatown.

Und mit diesen Bildern endet die 3-wöchige Reise an Kanadas Ostküste.

Und es waren 3 aufregende und ereignisreiche Wochen, mit vielen Höhen und Tiefen. Es hat von allen viel abverlangt, da es nicht unbedingt einfach ist, rund um die Uhr auf engstem Raum zusammenzuleben. Zudem war es für alle das erste Mal in einem Wohnmobil, was größere Herausforderungen mit sich brachte. Letztendlich haben wir sie alle gemeistert und haben einen besonderen Urlaub draus gemacht. Ich weiß für mich, dass ich nicht das Verlangen habe, nochmal mit einem Wohnmobil zu vereisen.

Der Rückflug lief dann übrigens problemlos. 😌

Ein letztes Bild habe ich noch. Ich hörte davon, dass die Burger bei Wendys extrem lecker sein sollen und diese weltweit erhältlich, außer in Europa, sind. Und, da ich so schnell Europa nicht wieder verlassen werde, hatte ich am Torontoer Flughafen meine letzte Chance und habe sie ergriffen. Es ist ein saftiger, fetttriefender Burger, der nach nicht viel aussieht, aber MC Donalds und Burger King um Längen schlägt. Danke, für diesen Gaumenschmaus. 🤤

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